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Fäuste in Solidarität

Stellschrauben der Transformation

Gemeinsam gestalten!

Stellschrauben gelingender Transformation

Vor dem Hintergrund der in der Studie identifizierten Hindernisse werden zentrale Stellschrauben definiert. Diese können den erforderlichen sozial-ökologischen Wandel wesentlich befördern, wenn sie in ihren wechselseitigen Bezügen gemeinsam berücksichtigt und adressiert werden. Da nicht alle Konsequenzen vorhersehbar sind, sind die Reformen als kontinuierlicher Lernprozess zu gestalten. Unverzügliche Anpassungen sind dringend erforderlich.

01/ Ordnungsrahmen schaffen, der Innovationen und das Gemeinwohl befördert

Grundlage für die sozial-ökologische Transformation ist ein Ordnungsrahmen, der Anreize für gemeinwohlförderliche soziale und technologische Innovationen schafft. Eingefahrene Handlungsroutinen müssen angepasst werden. Politische wie wirtschaftliche „Trittbrettfahrer“, die sich auf Kosten sozial Schwächerer, künftiger Generationen oder der Umwelt kurzfristige Vorteile verschaffen, sind durch veränderte Rahmenbedingungen in die Schranken zu weisen. Nur dann wird eine verursachergerechte Bepreisung von Umwelt- und Ressourcenverbrauch, sozialer Ausgleich und bürgerliche Teilhabe zu gewährleisten sein.

 

Um das Gemeinwohl zu fördern und soziale und technologische Innovationen voranzubringen, sind nicht nur mutige Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, sondern auch innovative Politikinstrumente, angemessene Kontroll- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft sowie mehr internationale Kooperation und Solidarität notwendig. Zukunftsfähige Technologien und Anreizstrukturen zu etablieren, bedarf meist längerer Anlaufzeit und guter Koordination, bis sie auf nationaler sowie internationaler Ebene effektiv zusammenwirken.

 

Dies wird am Beispiel der Bepreisung von klimaschädlichen Emissionen deutlich: Nach der Einführung des EU-Emissionszertifikationshandels ist es für die Weiterentwicklung nun wichtig, Mengen und wo möglich auch Preise zügig anhand wissenschaftlicher Daten und unabhängig vom politischen Tagesgeschäft festzusetzen und bisher nicht erfasste Emissionen (Verkehr, Gebäude) ebenfalls der CO2-Bepreisung zu unterziehen. Bezüglich der weltweiten Bepreisung sind multilaterale Vereinbarungen über CO2-Mindestpreise, ergänzt durch Transfers für Investitionen in erneuerbare Energien zu empfehlen. Insbesondere ärmere Länder, in denen der größte Investitionsbedarf und das kostengünstigste Anwendungspotenzial für regenerative Energien bestehen, müssen durch partnerschaftliche Zusammenarbeit befähigt werden, diese Technologien flächendeckend anzuwenden und selbst (weiter-)zu entwickeln. Im Sinne einer gerechten Lastenverteilung sollten die Regierungen, Unternehmen und Finanzinstitutionen wohlhabender Länder durch Technologie- und Finanzierungshilfen einen weit größeren Beitrag zum Kampf gegen Armut und Klimawandel leisten.

02/ Zumutungen und neue Handlungschancen fair verteilen

Nachhaltige Entwicklung ist eine Frage der Gerechtigkeit. Angesichts der in der Studie beschriebenen Verteilungskonflikte ist ehrliche Transformationspolitik immer auch eine Politik der fairen Verteilung von Zumutungen, die allen Beteiligten auch neue Handlungschancen eröffnen. Dazu ist es erforderlich, die Betroffenen der verschiedenen Verteilungskonflikte in Gestaltungsprozesse einzubinden und in die Verantwortung zu nehmen. Eine zunehmend wichtige Rolle spielen dabei die so genannten „stranded assets“. Wer beispielsweise seinen Wohlstand dem Besitz fossiler Ressourcen oder der Nutzung nicht mehr zeitgemäßer Technologien verdankt, kann Einschränkungen in seinem bisherigen Geschäftsmodell nicht einfach als „kalte Enteignung“ ablehnen, sondern steht in besonderer Verantwortung, sich konstruktiv an gemeinwohlförderlichen Innovationen und Reformen zu beteiligen.

Wer die Transformation gestalten will, muss auch die damit verbundenen Machtfragen benennen, um Barrieren und Gegenkräfte erfolgreich identifizieren und überwinden zu können. Um dabei von den unvermeidlichen Verteilungskonflikten nicht gelähmt zu werden, ist es hilfreich, den betroffenen Interessensgruppen frühzeitig zu vermitteln, dass die Einschränkungen unter den richtigen Voraussetzungen und einem angemessenen sozialen Ausgleich nicht nur verkraftbar sind, sondern neue, fair zu verteilende Perspektiven eröffnen.

03/ Gesellschaftliche Unterstützung durch Transparenz und Teilhabe fördern

Mangelnde politische Gestaltung und Kommunikation im Umgang mit den genannten Verteilungskonflikten tragen dazu bei, dass Vertrauen in Transparenz und Teilhabe (zwei Grundversprechen des demokratischen Staates) verloren gehen. Der politische Populismus profitiert von materiellen und ideellen Verlustängsten. Er verstärkt sie deshalb gezielt, in der die Verantwortung für komplexe Probleme und damit auch die Eigenverantwortung des Einzelnen an globale Feindbilder abschiebt. Damit bietet der politische Populismus verlockend einfache, gern nationalistisch geprägte Antworten an.

Die Antwort auf diesen Vertrauensverlust sieht die Studie in drei Schritten: erstens, diese Erschütterung anzuerkennen, zweitens Informations-, Mitsprache- und Teilhabemöglichkeiten zu verbessern sowie drittens populistische Instrumentalisierungen, die diesen Vertrauensverlust zum eigenen Vorteil verstärken und kein Interesse an konstruktiven Lösungen haben, zu entlarven. Deshalb müssen die widersprüchlichen Haltungen des Rechtspopulismus in Bezug auf den Klimawandel offengelegt und konkrete Transformationsvorhaben möglichst partizipativ gestaltet werden. „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, die Lust auf Veränderung weckt und Erfolgserlebnisse vermittelt, ist nicht nur ein probates Mittel gegen Populismus, sondern stärkt auch die Fähigkeit und Bereitschaft künftiger Generationen von Politiker/innen, multilateral, regel-basiert und im engen partnerschaftlichen Austausch mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten.

04/ Transformation als kulturelle Aufgabe ernstnehmen

Die kulturelle Dimension des Wandels wird bei den einzelnen Reformvorschlägen häufig vernachlässigt und daher leicht von populistischen Bewegungen vereinnahmt. Populisten erwecken zwar gerne den Eindruck, religiöse oder kulturelle Traditionen zu bewahren, faktisch verraten sie aber häufig die Werte, die diesen Traditionen zugrunde liegen. Wer die sozialökologische Transformation voranbringen will, muss das „kulturelle Bedeutungsgewebe“ wertschätzen, das sich häufig nur langsam verändert und somit träge, aber auch tragfähig ist. Häufig verändern sich Lebens und Konsumstile zunächst in „Nischen“; es gilt, sie sensibel wahrzunehmen und zu fragen: Warum sind diese „nischenhaften“ Veränderungen erfolgt, welche Faktoren haben sie begünstigt – und lernen für die Gestaltung struktureller Ermöglichungs- und Anreizbedingungen, um diese über die Nische hinaus zu verbreiten?

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